Patenbesuch in Vietnam – Bericht von unserer Projekthelferin Trang Chu

Seit 2011 bin ich als Projekthelferin für die deutsch-vietnamesische Hilfsorganisation “Hope for Tomorrow” tätig. Es ist für mich oft nicht leicht, anderen zu beschreiben, welches  Glück und Erfüllung es mir bereitet, wenn ich hilfsbedürftigen Kindern in meinem Heimatland helfen kann.

Der Besuch von Veronika bei ihrem Patenkind, der elfjährigen Phuong, war für mich eine besondere und tief beeindruckende Erfahrung, die ich nie vergessen werde.

Gemeinsam mit Hanh, die ebenfalls als ehrenamtliche Projekthelferin für “Hope for Tomorrow” tätig ist, holte ich Veronika an einem schönen Augustmorgen bei ihrem Hotel in Hanoi ab.
Ich hatte sie vorher nie getroffen, doch ich hatte vom ersten Moment an ein vertrautes und freundschaftliches Gefühl. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu Phuong, die ca. 100 km nördlich von Hanoi in einem kleinen Dorf in der Thai Nguyen Provinz lebt.

Unterwegs unterhielten wir uns angeregt. Veronika ist Lehrerin für Englisch und Musik und hatte viel Interessantes aus ihrer Heimat im fernen Europa zu berichten.
Ich konnte deutlich fühlen, daß sie Kinder sehr mag.
Sie berichtete mir unterwegs, daß der heutige Besuch bei Phuong ein langgehegter Wunsch von ihr ist. Sie kannte ihr Patenkind Phuong bislang nur von Fotos und Briefen.

   

Phuong ist ein ausgesprochen liebenswertes Mädchen und sehr fleißig in der Schule. Ihr Vater verstarb 2002 infolge seiner HIV-Infektion und ihre Mutter verstarb 2006. Glücklicherweise ist Phuong nicht HIV-infiziert.

Wie viele andere Kinder, die in von HIV betroffenen Familien in Vietnam leben, hat auch Phuong unter der gesellschaftlichen Diskriminierung zu leiden. Ihr fehlt es vor allem an emotionaler Zuwendung. Sie lebt bei ihren Großeltern, die ein sehr geringes monatliches Einkommen von umgerechnet 30 Euro haben. Durch die Hilfe von ihrer Patin Veronika und der Gruppe “Hope for Tomorrow” kann Phuong die Schule besuchen. Der Schulbesuch ist in Vietnam kostenpflichtig.

Die Fahrt zu Phuong dauerte drei Stunden. Im Dorf angekommen fanden wir das kleine Haus von Phuongs Großeltern am Ende eines Fußpfades.
Neben dem Wohngebäude bauen die Großeltern Gemüse an, die Athmosphäre ist friedlich und ländlich.

Phuong ist zunächst zu aufgeregt, um etwas zu sagen. Sie lächelt ihre Patin und uns nur an. Die Großeltern bereiten für uns eine Mahlzeit vor.
Veronika ist ganz begeistert von den vielen Tieren im Garten, ein Hund, Hühner und ein Schwein.

Wir essen zusammen ein typisch vietnamesisches Gericht und Veronika schmeckt es sehr gut. Sie kann auch die Esstäbchen geschickt benutzen.
Während des Essens unterhalten sich alle sehr angeregt und schon bald fühlt sich Veronika gar nicht mehr fremd, sondern wie eine enge Freundin der Familie.

Auch Phuong verliert ihre anfängliche Scheu schnell und freut sich sehr über Veronikas Geschenk: Ein Buch von Astrid Lindgren in vietnamesischer Sprache.

Nach dem Essen unterhalten sich Phuong und Veronika mehrere Studen lang über ihre Hobbies, ihre Träume und Hoffnungen.
Veronika erzählt Phuong von ihrem Leben in Europa und hat viele Fragen an Phuong über ihr Leben im Dorf.

Phuong bringt Veronika einige vietnamesische Sätze bei und es gibt viel zu lachen.
Meine Aufgabe besteht darin, zwischen Vietnamesich und Englisch zu übersetzen, aber ich fühle schon bald, daß die beiden sich auch ohne meine Übersetzungshilfe gut verstehen, einfach durch ihr Gefühl füreinander sowie durch Mimik und Körpersprache.

Es ist für mich ein tief bewegender und unvergesslicher Moment, als Phuong für ihre Patin aus dem fernen Europa mit ihrer liebenswerten kindlichen Stimme aus dem Buch von Astrid Lindgren vorliest. Veronika lauscht aufmerksam, obwohl sie kein Vietnamesisch versteht.

Wärend ich die beiden beobachte, kann ich deutlich spüren, daß es zwischen den beiden keinerlei kulturelle oder sonstige Barrieren gibt. Es ist wie ein Wunder für mich, wie gut die beiden sich nach so kurzer Zeit verstehen. Ich bin sicher, daß Phuong Veronikas Liebe, Warmherzigkeit und ehrliche Zuwendung unendlich gut tut.

Zum Abschied überreicht Veronika der Großmutter ein Geldgeschenk und verspricht, daß sie  wiederkommen wird, sobald es ihre Zeit erlaubt.
Die Großmutter bedankt sich von Herzen bei Veronika und sagt ihr, daß der Besuch und die Liebe von Veronika das größte Geschenk für sie, ihren Mann und vor allem für Phuong sei.

Die Unterstützung und emotionale Zuwendung von Veronika ist wirklich eine große Ermutigung für Phuong und ihre Großeltern in der schwierigen Lebenssituation.

Auf der Rückreise nach Hanoi sprechen wir über Phuong. Wir denken, daß es zukünftig schwierige Herausforderungen in Phuongs Leben geben wird. Aber es gibt Hoffnung für sie, dank Menschen wie Veronika und dank der Hilfe durch Hilfsorganisationen wie der Gruppe “Hope for Tomorrow”.

Beim Abschied nach unserer Rückkunft in Hanoi bedankt sich Veronika ganz herzlich bei uns für unsere Hilfe und den schönen Tag, der auch sie tief beeindruckt hat.
Es fiel mir in diesem Moment sehr schwer, die passenden Worte zu finden, um Veronika für Ihre Liebe und Unterstützung zu danken, die sie ihrem Patenkind zukommen lässt.
Hanh und ich verabschieden uns von Veronika und hoffen, daß wir sie bei ihrem nächsten Besuch in Vietnam wiedersehen können.

Wie ich eingangs schrieb, war für mich war dieser Tag ein tief beeindruckendes und schönes Erlebnis.
Mein ehrenamtliches Engagement als Projekthelferin der Gruppe “Hope for Tomorrow” ist für mich etwas sehr bedeutendes und wertvolles.
Ich fühle ein großes inneres Glück darüber, daß ich etwas dazu beitragen kann, einem  Kind wie Phuong Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben.

Hanoi, im September 2011
Trang Chu

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